Um den Annapurna mit dem MTB

Der große Tag ist gekommen. Zwei kleine Pick-Ups holen unsere kleine Gruppe – acht ambitionierte Biker – samt Gepäck und Bikes im Hotel in Thamel ab und bringen uns zu einem größeren Bus, der an der Hauptstraße auf uns wartet, da er durch die engen Gassen nicht bis zum Hotel kommen kann. Die Räder werden von den Trägern, die uns ab sofort begleiten, wieder sehr energisch auf das Dach geladen, aber das sind wir langsam gewohnt und machen uns keine Sorgen mehr. Nach rund sechs Stunden auf mehr oder weniger guten Straßen erreichen wir schließlich Besisahar, Startpunkt unseres Bike-Abenteuers. Im Mount Kailash Hotel werden die Räder ausgepackt und inspiziert. Puh, Erleichterung – es ist alles heil geblieben. Dämpfer und Reifen werden aufgepumpt und nach einem intensiven Bike-Check ist alles startklar für den nächsten Morgen.

Beim Abendessen treffen wir wieder unseren Local Guide Ramesh, den wir in Kathmandu schon kurz gesehen haben. Er war schon unzählige Male sowohl zu Fuß, als auch per Mountainbike auf der Annapurna-Runde unterwegs und kennt die Region wie seine Westentasche – wir sind in guten Händen. Den Weg würde man durchaus alleine finden, denn nachdem man die Zivilisation verlassen hat, führt praktisch nur ein Pfad um den Annapurna und in Richtung Thorong-La Pass, Ramesh (und sein Handy) sind für die Organisation aber unentbehrlich: Er bestellt Tee- und Mittagspausen vor, kündigt unsere Ankunft in den Lodges an und hilft uns, bei der Verständigung mit den Menschen unterwegs. Englisch wird selbst in den Lodges fast gar nicht gesprochen, so dass ein Local in der Gruppe für die Verständigung wirklich Gold wert ist. Es dauert eine Weile, bis wir uns an das Tempo der Nepali gewöhnt haben: Selbst auf ein vorbestelltes Mittagessen warten wir oft noch eine gute Stunde. Ohne Rameshs Vorbestellungen wären wir vor lauter Warten wahrscheinlich kaum vorangekommen. Das gute daran ist: Jedes Essen wird ganz frisch extra für uns zubereitet und das braucht eben seine Zeit.

1. Bike-Tag: Besisahar – Jagat / 30 km, 1050 hm

Über eine sehr holprige Straße (?) – bei uns wäre das eher ein Karrenweg, hier ist es die Landstraße – verlassen wir Besisahar in Richtung Annapurna. Wir radeln entlang des Flusses Marsyangdi, der uns bis Manang begleiten wird. Bei tropischen Temperaturen geht es durch sattgrüne Landschaften und in den kleinen Orten, durch die wir kommen, werden wir immer herzlich begrüßt und bejubelt: Radelnde Langnasen gehören hier nicht zum alltäglichen Straßenbild.

Bei Bhulbhule gibt es dann den ersten Ahhhh-Moment: Unser erster 8.000er, der Manaslu I mit 8.168 m, erhebt sich majestätisch in der Ferne. Ab jetzt sind die schneebedeckten Riesen unsere ständigen Begleiter. Weiter geht es durch kleine Dörfer, bis wir gegen Mittag Syange erreichen. In einem kleinen Restaurant stärken wir uns mit gebratenen Nudeln mit Ei und Gemüse, die in den nächsten Tagen unser Standard-Mittagessen werden sollen: Das Gericht ist für nepalesische Verhältnisse schnell zubereitet, schmeckt gut und gibt ausreichend Energie und Kohlenhydrate für den Tag.

Die Stärkung war heute notwendig, denn auf den letzten Kilometern bis Jagat werden all unsere Kräfte gefordert: Über eine grobschotterige Straße schieben wir die Räder nach oben und bekommen einen Vorgeschmack auf das, was uns in den nächsten Tagen erwartet. Im Mountain River View Hotel in Jagat fallen wir nach dem Abendessen aus Dal und Momos schnell und müde in unsere Betten.

2. Bike-Tag: Jagat – Danakyu / 22 km, 1.100 hm

Ich bin früh auf den Beinen und mache einen morgendlichen Spaziergang durch Jagat. Das Örtchen besteht primär aus bunten Gästehäusern und einigen kleinen Läden für Outdoor Zubehör. Normalerweise wäre hier um diese Jahreszeit reger Betrieb, doch dieses Jahr sind nur einige wenige Trekking-Gruppen mit ihren Trägern unterwegs – das Erdbeben im April hat viele verunsichert und von der Reise abgehalten. Für die Nepali, die vom Tourismus leben, ist es natürlich tragisch, dass so wenige Gäste kommen, wir dagegen genießen es, viele Orte für uns allein zu haben.

Nach dem Frühstück brechen wir auf und fahren weiter entlang des Marsyangdi Rivers in das grüne Tal hinein. Das Panorama ist unglaublich und wir passieren unzählige Wasserfälle und kleine Ortschaften. Die Straße wurde teilweise spektakulär dem Fels abgetrotzt – stellenweise fahren wir praktisch durch die Felswand. Dann geht es wieder bergauf: Teils schiebend, teils fahrend kämpfen wir uns die restlichen Kilometer bis Danakyu hinauf, wo wir heute übernachten.

Kurz vor dem Örtchen passieren wir eine Reihe von Gebetsmühlen, wie wir sie unterwegs immer wieder finden werden. Ramesh hat uns beigebracht, dass die Gebetsmühlen drei Mal im Uhrzeigersinn umrundet werden müssen, um positives Karma und Glück zu erlangen. Das können wir gut gebrauchen auf dieser Tour und so drehen wir andächtig unsere Runden.

Um uns gleich an die „Go High – Sleep Low“ Praxis zu gewöhnen, die spätestens ab morgen für die Akklimatisierung wichtig wird, laufen wir von Danakyu die „Straße“ noch knappe 400 Höhenmeter weiter bergauf, bevor es endlich die verdiente Dusche im Potala Guesthouse gibt.

Beim Abendessen stellt Ramesh uns heute die Träger vor, die uns nun schon seit zwei Tagen und für den Rest der Tour begleiten. Da sie zu Fuß und in einem ganz anderen Rhythmus als wir unterwegs sind, sehen wir sie nur morgens und abends, aber sie sind natürlich ein ganz wichtiger Teil unseres Teams. Leider sind die Namen für uns so ungewöhnlich, dass wir sie uns schwer merken können und auch eine Verständigung mit den Jungs ist schwer bis unmöglich, aber beide Seiten geben mit Händen und Füßen ihr Bestes und im Laufe der Zeit wird der Kontakt immer besser.

3. Bike-Tag: Danakyu – Dhukure Pokhari / 25 km, 1.220 hm

Als ich ziemlich früh den Hof unseres Guesthouses betrete, sind unsere Träger schon dabei, unsere Fahrräder zu putzen und zu warten, bevor sie mit unserem Gepäck losgehen – die Jungs sind wirklich klasse und zeigen maximalen Einsatz für uns. Als wir noch beim Frühstück sitzen und uns für den Tag stärken, marschieren sie dann auch schon los.

Heute ist uns nur wenig Zeit zum Einfahren gegönnt: Kurz nachdem wir Danakyu verlassen haben, geht es wieder ordentlich bergauf. Der Pfad ist schmal und steil und wir müssen viele Passagen schiebend bewältigen. Wieder geht es mitten durch die Felswände hindurch und das Panorama lenkt ein wenig von der Anstrengung ab. Schließlich erreichen wir wieder eine Straße, allerdings hat sich ein Fluss sich die Straße als Flussbett gesucht und komplett überflutet. Kurzerhand ziehen wir die Schuhe aus und queren den Fluss in Flip Flops: Die Schuhe wären so schnell nicht mehr getrocknet. Anschließend können wir mal wieder ein großes Stück fahren und kommen etwas zügiger voran.

Mittagessen – gebratene Nudeln mit Gemüse natürlich – gibt es heute im Örtchen Koto, wo wir von einer Horde Kinder belagert werden, die sich über unsere mitgebrachten Stifte und Papier freuen. Die Kids sind begeistert über die Ablenkung und wir von der schönen Begegnung.

Anschließend queren wir dann – endlich – unsere erste Hängebrücke, die hier überall die kleinen und großen Flüsse überspannen. Acht Biker bringen das Konstrukt ordentlich zum Schwanken, aber die Brücke macht einen vertrauenswürdigen Eindruck.

Die Ausblicke werden derweil immer spektakulärer – die 7.000 und 8.000er rücken merklich näher. Nach unserer Ankunft im Kamala Guesthouse in Dhukure Pokhari absolvieren wir wieder unsere „Go High – Sleep Low“-Einheit und essen dann früh zu Abend. Die Bewegung an der frischen Luft, aber auch die zunehmende Höhe sorgen dafür, dass abends nicht viel los ist mit uns und wir immer früh im Bett liegen.

4. Bike-Tag: Dhukure Pokhari – Manang / 28 km, 900 hm

Obwohl heute weniger Höhenmeter zu überwinden sind als an den anderen Tagen, starten wir früher als sonst. Bald wird klar, warum: dieser Tag toppt die bisherigen bei weitem. Hinter jeder Kurve wartet ein noch spektakuläreres Panorama – andauernd wird gehalten, gestaunt und fotografiert. Pisang Peak, Annapurna II und III und etliche (für uns) namenlose Gipfel funkeln im Sonnenlicht vor stahlblauem Himmel um die Wette. Auch heute warten fordernde 400 hm auf einem steilen schmalen Pfad auf uns. Wir sind nun auf über 3.000 m Höhe und merken, dass der Sauerstoff langsam knapper wird – die ganze Truppe ist langsam ziemlich kurzatmig unterwegs. Kurz bevor wir unser Etappenziel Manang erreichen, machen wir noch einen Abstecher zum Kloster Braga, einem der ältesten buddhistischen Klöster der Region. Leider ist die Anlage geschlossen. So drehen wir nur unsere mittlerweile obligatorischen Runden um die Gebetsmühlen und planen, am nächsten Tag noch einmal zurückzukommen. Manang ist eine richtige kleine Stadt auf 3.540 m Höhe. Hier sind zwei Pausetage eingeplant, damit wir uns optimal an die Höhe gewöhnen können. Unser Tilicho Hotel ist sogar richtig schön – mit Dusche und Toilette im Zimmer 🙂 – hier werden wir es gut aushalten.

1. Pausetag Manang

Pausetag heißt nur „radl-frei“, nicht aber, dass wir faul im Hotel sitzen können. Morgens machen wir erst einmal Wäsche, denn zwei Tage im gleichen Hotel steigern die Chancen, dass alles wieder trocken eingepackt werden kann. Dann starten wir auf eine Wanderung zur Akklimatisierung. Wir verlassen Manang vorbei an Feldern, auf denen intensiv gearbeitet wird und stehen schon bald am Ufer des Gangapurna Sees, der vom gleichnamigen Gletscher gespeist wird. Dann geht es bergauf zu einem Aussichtspunkt auf 3.800 m, wo uns ein 360°-Panorama erwartet: Annapurna II und III, Gangapurna, Tilicho Peak und Pisang Peak sind nur einige der 7.000er, die uns hier umgeben. Wir können uns kaum losreißen, nur der Hunger treibt uns irgendwann zurück ins Tal. Nach dem Mittagessen machen wir uns noch einmal auf den Weg nach Braga und diesmal haben wir Glück: ein älterer Nepali ist vor Ort und schließt das Kloster extra für uns auf. Der Gebetsraum ist ein wildes Durcheinander von kleinen und großen Altären, einer Wand mit unzähligen Buddha-Figuren und Schubladen mit Gebetsrollen. Mit Ramesh als Übersetzer bekommen wir einige Infos zum Kloster: bereits seit über 500 Jahren steht das Kloster oberhalb von Manang und wurde wie durch ein Wunder nie beschädigt. Wir verabschieden uns von dem Nepali und machen uns auf den Rückweg nach Manang, wo wir uns im medizinischen Zentrum einen Vortrag über die Höhenkrankheit und was wir dagegen tun können anhören. Schaden kann es nicht, hier ein bisschen besser Bescheid zu wissen.

2. Pausetag Manang

Nochmal schnüren wir unsere Wanderschuhe und machen uns auf heute die 4.000 m -Marke zu knacken. Wir finden ein wunderschönes grasbewachsenes Plateau, das uns wieder eine atemberaubende Aussicht bietet. Heute gibt es nichts weiter zu tun, so dass wir uns einfach in der Sonne niederlassen und still unsere mitgebrachten Zimtschnecken mit Tee genießen. Wie klein man sich vorkommt, wenn man auf fast 8.000 m hohe Bergriesen um sich herum blickt. Ein Jak streift ebenfalls auf dem Plateau herum, interessiert sich aber zum Glück nicht für uns. Zurück in Manang machen wir noch eine Shopping-Runde und gönnen uns in einem kleinen Café hervorragenden Apple-Crumble – auf über 3.000 m Höhe liegen hier die Apfelplantagen des Landes. Im Hotel gönnen wir noch einmal eine heiße Dusche – lt. Ramesh ist das heute bis zum Pass-Tag die letzte Chance. Die Unterkünfte werden ab morgen deutlich einfacher.

5. Bike-Tag: Manang – Yak Kharka / 11 km, 650 hm

Nach dem Frühstück verlassen wir Manang heute wieder per Bike. Ab jetzt geht es langsam voran. Die Pfade sind weiterhin größtenteils steil und unwegsam – wir schieben mehr, als das wir fahren. Wie schon in den vergangenen Tagen macht das Panorama die Anstrengung aber mehr als wett. Die Sonne strahlt wieder vom stahlblauen Himmel – wir können unser Glück mit dem Wetter kaum fassen – und die Bergriesen sind immer präsent. Wir passieren kleine Örtchen mit Gebetsmühlen und Hängebrücken über Flussläufe. Heute treffen wir mehrfach auf Maultier- und Pferdekarawanen, die hier – neben den eigenen Füßen – das beste Fortbewegungsmittel für die lokale Bevölkerung sind. Selbst Jeeps kommen nun nicht mehr weiter. Schon mittags erreichen wir unser Hotel Himalayan View in Yak Kharka. Nachdem wir uns mit Nudelsuppe gestärkt haben, machen wir uns zu Fuß auf den Weg, noch mindestens 300 hm weiter aufzusteigen, um uns noch besser auf den Pass vorzubereiten. Wir schlafen heute auf 4.100 m – langsam wird es ernst.

6. Bike-Tag: Yak Kharka – Thorong Pedi / 7 km, 950 hm

Als ich mich morgens im Outdoor-Badezimmer – die Unterkünfte werden einfacher – waschen möchte, ist der Wasserbottich zugefroren. Auch wenn die Tage in der Sonne immer noch angenehm warm sind, wird es in diesen Höhen nachts empfindlich kalt. Dann muss es heute ohne Wäsche gehen. Gut, dass wir langsam alle gleich müffeln. Entlang des Flusses Thorang Khala, der uns seit Manang anstelle des Marsyangdi begleitet, geht es weiter bergauf. Bald erreichen wir einen schönen Höhenweg entlang des Tales und können heute sogar einiges fahren. Aber natürlich fehlen auch die steilen Anstiege nicht, schließlich liegt unsere nächste Station – das Trekker-Örtchen Thorong Pedi – auf 4.540 m und die wollen hart erkämpft werden. Da wir schon mittags im Base Camp sind, beschließen wir, es uns für die Passquerung leichter zu machen und bringen schon heute die Radl eine Etage höher ins Thorong High Camp. Dieser Anstieg hat es wirklich in sich. Keiner von uns schafft es auch nur einen Meter zu fahren und wir sind alle froh, als wir schließlich das High Camp auf 4.850 m erreichen. Wir lassen die Fahrräder hier und machen uns auf den Rückweg zum Base Camp.

7. Bike-Tag: Thorong Pedi – Thorong-La Pass – Muktinath / 14 km, 900 hm, 1650 tm

Es ist soweit: Pass-Tag. Als der Wecker um 04.00 Uhr klingelt, ist es noch dunkel, aber der Tag wird lang, daher heißt es raus aus den Federn. Wir trinken nur einen Tee und essen ein paar Kekse und machen uns im ersten Licht der Dämmerung erneut auf den Weg zum High Camp, wo unsere Räder auf uns warten. Nach einer Pause und einem guten Frühstück geht es schließlich die letzten 500 Höhenmeter bis zum Thorong-La-Pass auf 5.416 m hinauf. Das letzte Stück hat es noch einmal in sich und langsam macht sich bei jedem die Höhe mit Kopfschmerzen, Übelkeit oder einfach nur Erschöpfung bemerkbar. Die Landschaft ist hier ziemlich eintönig und erinnert an eine Mondlandschaft – kein Busch lockert die graue Ödnis auf. Irgendwann sehen wir den Pass in der Ferne und erreichen schließlich glücklich den wortwörtlichen Höhepunkt unserer Tour. Ein tolles Gefühl, aus eigener Kraft so weit gekommen zu sein. Wir machen die obligatorischen Heldenbilder am Pass und feiern mit einer Tasse Tee unseren Erfolg. So lange es gedauert hat, hier hinauf zu kommen, so schnell sind wir wieder deutlich weiter unten – das Leid einer jeden Mountainbike Tour, aber hier tut es noch mehr weh. Fast 1.700 Tiefenmeter Downhill erwarten uns heute. Stellenweise ist es so steil und schottrig, dass auch hier wieder geschoben wird, aber es gibt auch schöne Stellen, an denen wir glücklich sind, unserer Räder hier hinaufgeschleppt zu haben. Rund 400 m oberhalb unseres Tagesziels Muktinath halten wir an einem Hindu-Tempel, der aber sowohl von Hindus als auch Buddhisten besucht wird, und wieder ein schönes Beispiel ist, wie eng die beiden Religionen hier miteinander verzahnt sind. Der Blick von hier oben über Muktinath ist wunderschön. Schließlich erreichen wir das Best Step Inn Hotel und fallen nach dem Abendessen kaputt ins Bett.

8. Bike-Tag: Muktinath – Kalopani / 46 km, 650 hm, 1800 tm

Morgens unternehmen wir noch einen Bummel durch den kleinen Ort Muktinath. An verschiedenen Ständen werden farbenfrohe Yak-Schals verkauft und ich kann natürlich widerstehen und bin kurz darauf stolze Besitzerin eines riesigen pinken Schals – gut, dass in meinem Gepäck noch ein bisschen Platz ist. Dann geht es wieder aufs Rad und in leichtem Auf und Ab zu einem Hochplateau, von wir einen tollen Blick auf den Dhaulagiri – unser zweiter 8.000er auf der Reise – haben. Anschließend folgt ein flowiger Downhill durch eine faszinierende Mondlandschaft in das Flusstal des Lubra. Wir folgen dem Fluss eine Weile, biegen dann aber in das Tal des Kali Gandaki ab, der uns die nächsten Tage begleiten wird. Mittags halten wir heute in Jomson, einem größeren Ort, von dem sich viele Trekker ausfliegen lassen, um den langen Rückweg per Jeep zu vermeiden. Zum Glück haben wir die Fahrräder dabei, da geht es bergab schnell und wir brauchen weder Jeep noch Flugzeug. Nachmittags wird es noch einmal anstrengend: In dem Flusstal bläst uns ein kräftiger Wind entgegen und macht das Vorankommen in der staubigen Landschaft sehr mühsam. Das erste Mal halten wir heute den Zeitplan nicht ein und erreichen erst nach Einbruch der Dunkelheit unser See You Hotel in Kalopani. Zum ersten Mal seit Manang gibt es hier wieder eine heiße Dusche, um uns den Staub des Tages abzuwaschen – herrlich.

9. Bike-Tag: Kalopani – Tatopani / 24 km, 120 hm, 1.400 tm

Der heutige Tag ist zur Erholung gedacht. Wir frühstücken lang und gemütlich auf der Dachterrasse unseres Hotels und sehen heute zum ersten Mal den Annapurna I, der sich in der Ferne am Horizont abzeichnet. Er ist leider nur schemenhaft zu erkennen, aber immerhin unser dritter 8.000er auf der Tour. Dann steigen wir auf die Bikes und rollen vorbei an unzähligen Wasserfällen entlang des Kali Gandaki weiter das Tal hinab. Die Landschaft ist wieder sattgrün, es wird wieder merklich wärmer und wir sind nun auf einer Piste unterwegs, die auch von Bussen und Jeeps, aber auch Schaf- oder Ziegenherden – und die haben Vorfahrt – genutzt wird. Gegen Mittag erreichen wir unser Hotel Trekkers Inn in Tatopani. Für den Rest des Tages ist Shopping und Wellness angesagt. Je weiter wir ins Tal kommen, desto größer werden die Ortschaften wieder und so erstehen wir hier einige Souvenirs und Mitbringsel. Vor dem Abendessen geht es in die Tatopani Hot Springs – bestehend aus zwei Becken, die hier von heißen schwefeligen Quellen gespeist werden. In der Dämmerung sitzen wir im warmen Wasser und haben die Strapazen der letzten Tage fast schon wieder vergessen.

  • Annapurna I

10. Bike-Tag: Tatopani – Birethanti / 64 km, 885 hm, 1200 tm

Heute steht uns wieder ein längerer Tag bevor – die Träger, die wir sonst tagsüber immer wieder getroffen haben, fahren heute mit unserem Gepäck mit dem Jeep, anders würden Sie die Distanz gar nicht schaffen. Auf der Piste von gestern geht es weiter das Tal hinab in die Stadt Beni. Wir durchfahren mehrere Ortschaften und es wird merklich urbaner. Die Einheimischen winken uns fröhlich zu, Kinder versuchen auf ihren Fahrrädern ein Stück mit uns zu fahren – so oft kommen hier wohl keine radelnden Westler durch. In Beni wird die Piste dann zur asphaltierten Straße – wir sind zurück in der Zivilisation und müssen seit fast zwei Wochen das erste Mal wieder auf den Verkehr achten – und der ist hier asiatisch chaotisch. Vor allem die Busse faszinieren uns: Sobald es drinnen voll ist, fahren die Passagiere samt Gepäck auf dem Dach mit. Beim Mittagessen direkt am Flussufer nutzen wir die Gelegenheit, unseren Rädern ein Vollbad zu gönnen. Die Schaltungen sind so verstaubt und verschlammt, dass sie bei fast niemandem mehr richtig arbeiten. Erst am späten Nachmittag erreichen wir die Everest Thakali Lodge in Birethanti, aber der Ort scheint auch nicht viel herzugeben, so dass wir die Lodge gar nicht mehr verlassen.

11. und letzter Bike-Tag: Birethanti – Pokhara / 43 km , 800 hm, 1.000 tm

Wir sind ein bisschen wehmütig, dass heute schon der letzte Tag unserer Tour ist und der Himmel scheint uns den Abschied vom Annapurna Circuit etwas leichter machen zu wollen: Zum ersten Mal seit Beginn unserer Tour regnet es in Strömen, als wir aufwachen. Wir verschieben die Abfahrt etwas nach hinten, in der Hoffnung, dass es noch aufhört oder zumindest weniger wird. Irgendwann wird klar, dass alles Warten nichts bringt, wenn wir unser Ziel Pokhara heute noch erreichen wollen. Wir schmeißen uns in die volle Regenmontur und radeln los. Die Dorfstraßen sind nicht befestigt, so dass wir durch tiefen Schlamm fahren – das Waschen der Radl gestern hätten wir uns getrost sparen können. Als wir schließlich die Asphaltstraße erreichen, lässt der Regen nach und wir quälen uns halbwegs trocken den Pass nach Konde hinauf. Nach 12 km ist oben der arbeitsreiche Teil des Tages vorbei – auf einer wirklich guten Asphaltstraße rauschen wir durch sattgrüne Landschaften mit Feldern und kleinen Ortschaften hinab ins Tal. Nachmittags erreichen wir schließlich das New Annapurna Guesthouse in Pokhara – GESCHAFFT. Im Garten stoßen wir auf unsere erfolgreiche Tour an: Alle acht Abenteurer haben es über den Pass geschafft, wir hatten keine Stürze oder sonstige Unfälle und die technischen Probleme beschränkten sich auf wenige platte Reifen – so sollte es sein. Wir genießen die heiße Dusche im wirklich schönen Hotelzimmer und gehen heute zum Abschieds-Abendessen mit unseren Trägern aus, die bereits morgen zurück nach Kathmandu fahren. Während sie zu Beginn der Tour eher schüchtern waren, sind sie im Laufe der Tour richtig aufgetaut und es wird ein wirklich lustiger Abend, auch wenn wir uns natürlich kaum verständigen können.

FAZIT

Die Tour war ein einmaliges Erlebnis, das mir ganz deutlich meine körperlichen Grenzen aufgezeigt hat. Um so stolzer war ich hinterher, dass ich es geschafft habe, denn es war hart – härter, als es in dem Bericht vermutlich klingt. Das Mountainbike war an den ersten Tagen bis Manang und vor allem bei der Abfahrt nach dem Pass eine große Hilfe. Auf dem Abschnitt zwischen Manang und dem Pass haben wir uns oft gefragt, warum wir es uns antun, auf diesem anspruchsvollen Trekking noch die Fahrräder mitzuschleppen, die wir größten Teils als zusätzlichen Ballast neben uns her geschoben haben. Leider gibt es noch keine Service, der für den Downhill Mountainbikes am Thorong-La-Pass bereit stellt – vielleicht eine Marktlücke… 😉

Insgesamt ist Nepal ist in jedem Fall eine Reise wert: Die Herzlichkeit der Menschen, die Landschaft mit den beeindruckenden Bergriesen des Himalayas, die buddhistische und hinduistische Kultur, die hier so eng verzahnt miteinander existieren, das wunderbare (vegetarische) Essen – all das hat mich begeistert. Ich komme sicher wieder – wer weiß wann und ob mit oder ohne Mountainbike – wir werden sehen….

Weitere Infos zu Nepal findet Ihr in diesen Beiträgen:

2 Antworten auf „Um den Annapurna mit dem MTB

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  1. Christine
    Ich will auch so was machen, ist immer noch in meine Bucket List.
    Wenn es soweit ist dann melde ich mich bei dir und guten Tips von dir zu hören.
    Es ist einfach Mega was ihr gemacht habt. Toll!!!

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